Einführung Mindestlohn ab 01.01.2015

1. Mindestlohn

Ab dem 01.01.2015 gilt erstmals ein flächendeckender zu zahlender gesetzlicher Mindestlohn für alle Branchen. Der Bruttomindestlohn beträgt € 8,50/h. Alle beschäftigten Arbeitnehmer haben einen Anspruch auf diesen Bruttomindestlohn. Er ist für alle Arbeitgeber verpflichtend.

Vom Mindestlohn ausgenommen sind:

  • Auszubildende
  • Langzeitarbeitslose in den ersten sechs Monaten der Beschäftigung
  • In Werkstätten beschäftigte behinderte Menschen
  • Jugendliche unter 18 Jahre ohne abgeschlossene Berufsausbildung
  • Praktikanten, die ein Pflichtpraktikum nach Schul-, Ausbildungs- oder Studienordnung leisten
  • Praktikanten, die ein Orientierungspraktikum von bis zu drei Monaten vor Berufsausbildung oder Studium leisten (Dauer Praktikum länger als drei Monate gilt der Mindestlohn ab dem ersten Tag)
  • Praktikanten, die ein Praktikum von bis zu drei Monaten begleitend zu einer Berufs- oder Schulausbildung leisten (Dauer Praktikum länger als drei Monate gilt der Mindestlohn ab dem ersten Tag)
  • Ehrenämter
  • Berufseinstiegs- und Vorbereitungsqualifizierungen

Für einige Branchen wurde gesetzlich eine Übergangsregelung bis zum 31.12.2017 vereinbart. Diese Übergangsregelung gilt nur, wenn ein Mindestlohn im Sinne des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes (Aentg), eine Lohnuntergrenze nach dem Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) oder ein für allgemein verbindlich erklärter Mindestlohn nach dem Tarifvertragsgesetz festgelegt ist.

Nicht unproblematisch ist die Ermittlung des Bruttomindestlohnes:

a) Sachbezüge

Arbeitgeber und Arbeitnehmer dürfen grundsätzlich vereinbaren, dass ein Sachbezug Teil der Vergütung ist. Grundsätzlich dürfen Sachbezüge nur angerechnet werden, soweit sie den pfändbaren Teil des Arbeitseinkommens übersteigen. Konsequenz ist, dass in der Praxis für Sachbezüge bei Mindestlohnzahlung kaum Raum bleibt.

Beispiel: Die Pfändungsfreigrenze für einen alleinstehenden Arbeitnehmer ohne Unterhaltsverpflichtungen liegt bei ca. € 1.050 netto im Monat. Bei einer durchschnittlichen Arbeitszeit von 170 Stunden im Monat und einem Mindestlohn von € 8,50/h brutto erhält der Arbeitnehmer € 1.445 brutto, dass bedeutet für ein alleinstehenden Arbeitnehmer ohne Unterhaltsverpflichtungen € 1.061,25 netto. Der noch verbleibende Sachbezug dürfte rechnerisch demnach € 11,25 nicht übersteigen).

b) Weihnachts- und Urlaubsgeld

Nach den Vorgaben des EuGH dürfen zusätzliche Leistung wie Weihnachts- und auch Urlaubsgeld als Bestandteil des Mindestlohns angesehen werden, wenn diese dem Arbeitnehmer zum Fälligkeitsdatum des Mindestlohns tatsächlich und unwiderruflich zufließen. Sofern das Weihnachtsgeld eine sogenannte freiwillige Einmalzahlung darstellt, die rein die Betriebstreue belohnt und kein Entgelt als Gegenleistung für die vom Arbeitnehmer geleistete Arbeit ist, ist das Weihnachtsgeld nicht auf den Mindestlohn anrechenbar. Dies gilt ebenfalls für das Urlaubsgeld.

c) Gratifikationen

Bei Gratifikationen, die für erbrachte Leistung des Arbeitnehmers honoriert werden und dem Arbeitnehmer nur einmal im Jahr zufließen, ist davon auszugehen, dass eine einmal jährlich ausbezahlte Leistung generell nicht auf die übrigen 11 Monate umgelegt werden kann, da die Gratifikation nicht mit dem für den Mindestlohn maßgeblichen Fälligkeitsdatum übereinstimmt.

So sind viele Probleme über die erstattete Berechnung des Mindestlohnes ungeklärt.

Eine Nichteinhaltung des gesetzlichen Mindestlohns kann diese Folgen hab

  • Differenzlohnklage: Arbeitnehmer kann die Differenz zwischen Mindestlohn und tatsächlichem Lohn einklagen
  • Auftraggeberhaftung: Auftraggeber im Rahmen eines Werk- oder Dienstvertrages ist Bürge, dass sein beauftragter Subunternehmer ebenfalls den gesetzlichen Mindestlohn bezahlt
  • Hohe Geldbußen: Geldbußen können bis zu einer Höhe von € 500.000 festgesetzt werden, wenn der Mindestlohn nicht eingehalten wird

2. Kurzfristig Beschäftigte

Für kurzfristige Beschäftigte verlängert sich die Möglichkeit zur sozialversicherungsfreien Beschäftigung auf 70 Tage bzw. drei Monate (bisher: 50 Tage bzw. zwei Monate). Diese Regelung gilt befristet auf 4 Jahre bis 31.12.2018.

3. Arbeitszeitkonten für geringfügig entlohnte Beschäftigung

Eine geringfügige entlohnte Beschäftigung liegt vor, wenn das Arbeitsentgelt regelmäßig im Monat € 450,00 nicht überschreitet. Bei der Prüfung, ob die Entgeltgrenze von € 450,00 im Monat eingehalten wird, ist bei Beschäftigungsbeginn vorausschauend auf einen 12-Monatszeitraum abzustellen. Der Arbeitgeber prüft hierzu, ob die Einnahmen aus dem Beschäftigungsverhältnis inklusive einmalig gezahlter Arbeitsentgelte innerhalb des Jahreszeitraums € 5.400 überschreiten. Ist dies der Fall, handelt es sich von Anfang an nicht um einen Monijob, sondern um ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis.

Für die Annahme eines Minijobs ist es dabei nicht zwingend erforderlich, dass die Entgeltgrenze von € 450,00 in jedem Monat des Beurteilungszeitraums von zwölf Monaten eingehalten wird. Wenn insbesondere aus Gründen der Saisonwirtschaft oder zur Abdeckung der Auftragspitzen die Arbeitszeiten schwanken und in einzelnen Monaten über € 450,00 erwirtschaftet werden, liegt gleichwohl noch ein € 450,00 - Minijob vor, wenn die Jahresentgeltgrenze von € 5.400 eingehalten wird. Um flexibel auf Produktionsspitzen, Nachfrageschwankung oder Personalengpässe reagieren zu können, haben Arbeitgeber seit dem Jahr 2009 darüber hinaus die Möglichkeit, die Personalplanung auf der Grundlage einer sogenannten sonstigen flexiblen Arbeitszeitregelung vorzunehmen.

Hinter dem Begriff der sonstigen flexiblen Arbeitszeitregelung verbergen sich Arbeitszeitkonten, die in Form von Gleitzeit- oder Jahreszeitkonten geführt werden. Sie erleichtern es dem Arbeitgeber, die Einhaltung der Verdienstgrenze von Minijobs zu gewährleisten und gleichzeitig eine flexible Personaleinsatzplanung vorzunehmen.

Bei Einrichtung eines Gleitzeit- oder Jahreszeitkontos steht die flexible Gestaltung der täglichen oder wöchentlichen Arbeitszeit oder der Ausgleich betrieblicher Produktions- oder Arbeitszeitzyklen im Vordergrund. Der Arbeitnehmer erhält unabhängig von seiner Arbeitsleistung ein vertraglich vereinbartes festes monatliches Arbeitsentgelt. Wenn die betriebliche Situation es erfordert, kann der Arbeitnehmer für die Dauer von maximal drei Monaten von der Arbeitsleistung unter Fortzahlung des Arbeitsentgelts freigestellt werden. Die Pauschalbeiträge an die Minijobzentrale sind nicht von dem in demjenigen Monat erwirtschafteten, sondern ausschließlich von dem ausgezahlten und vertraglich vereinbarten Arbeitsentgelt, zu zahlen.

Beispiel: Für einen Minijobber wird ein Jahresarbeitszeitkonto eingeführt. Er arbeitet vom 1. Januar bis 31. Dezember und erhält monatlich gleichbleibendes festes Arbeitsentgelt von € 450,00. Bei einem Stundenlohn von € 10,00 stehen dem Arbeitgeber 540 Arbeitsstunden zur Verfügung. Diese können frei auf das Jahr verteilt werden. Bedingung ist lediglich, dass der Minijob innerhalb des Jahres nicht über einen längeren Zeitraum als 3 Monate von der Arbeitsleistung freigestellt wird. Der Arbeitgeber zahlt Pauschalbeiträge ausgehend vom vereinbarten festen Arbeitsentgelt (€ 450,00). Bei der Ermittlung des regelmäßigen Arbeitsentgelts sind alle Ansprüche auf Arbeitsentgelt zu berücksichtigen, die sich insgesamt aus der in einem Jahr zu erwartenden Arbeitszeit ergeben. Somit sind Guthaben auf Arbeitszeitkonten voll zum Jahresentgelt zu zählen. Ist die Geringfügigkeitsgrenze von € 5.400 im Jahr überschritten, finden die Regeln für die Minijober keine Anwendung.

Details finden Sie unter www.minijob-zentrale.de

4. Aufzeichnungspflichten der täglichen Arbeitszeiten

Ab 01.01.2015 müssen Beginn, Ende und Dauer der täglichen Arbeitszeit aufgezeichnet werden und mindestens zwei Jahre aufbewahrt werden. Diese Aufzeichnungen sind für folgende Personengruppen anzuwenden:

  • geringfügig entlohnte Beschäftigte (Ausnahme: Privathaushalte)
  • kurzfristig Beschäftigte
  • Arbeitnehmer in den in § 2 a Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes genannten Wirtschaftszweigen, dass sind:
    1. Baugewerbe
    2. Gaststättenbeherbergungsgewerbe
    3. Personenbeförderungsgewerbe
    4. Speditions-, Transport- und damit verbundenen Logistikgewerbe
    5. Schaustellergewerbe
    6. Unternehmen in der Forstwirtschaft,
    7. Gebäudereinigungsgewerbe
    8. Unternehmen die sich auf Auf- und Abbau von Messen und Ausstellung beteiligen
    9. Unternehmen in der Fleischwirtschaft
    10. Arbeitnehmer, die in einem landwirtschaftlichen, forstwirtschafltichen und gartenbaulichen Betrieb der in der Berufsgenossenschaft SV-LFG versichert ist, arbeiten.

Diese Aufzeichnungen müssen spätestens bis zum Ablauf des 7. auf den Tag der Arbeitsleistung folgenden Kalendermonats erfolgen. Eine Vorlage zur Dokumentation finden Sie unter www.penke-heinze-ketterl.de Unterpunkt „Service“.

5. Kontrolle und Konsequenzen

Abgesehen davon, dass der Arbeitnehmer den Mindestlohn gerichtlich einklagen kann, wird die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften bei der regelmäßigen Sozialversicherungprüfung und auch durch den Zoll bei Kontrollen vor Ort überwacht. Verstöße können als Ordnungswidrigkeit mit Bußgeldern bis zu € 500.000 geahndet werden. In schweren Fällen kann auch eine Straftat vorliegen.

Sozialversicherungsbeiträge werden auch auf Entgelte erhoben, die der Arbeitnehmer zwar nicht erhalten hat, auf die er jedoch einen Anspruch gehabt hätte (Entstehungsprinzip). Bei sozialversicherungspflichtig Beschäftigten wird der Arbeitgeber hierbei in der Regel Arbeitgeber- und Arbeitnehmerbeiträge zahlen müssen. Bei Minijobbern kann unbeabsichtigt Versicherungspflicht eintreten.

Das Mindestlohngesetz sieht eine verschuldensunabhängige Auftraggeberhaftung vor. Ein Unternehmer der einen anderen Unternehmer mit Erbringung von Werk- oder Dienstleistungen beauftragt, haftet auch für die Verpflichtung dieses Unternehmers und seiner Nachunternehmer. Der Unternehmer kann den Arbeitnehmern nicht darauf verweisen, den Mindestlohn zuerst bei seinem eigenen Arbeitgeber einzufordern. Kurz gesagt, der Arbeitnehmer kann sich aussuchen, welchen Kunden seines Arbeitgebers oder Auftraggebers (noch weiter oben in der Hierarchiekette) er verklagen möchte.

Arbeitgeber sollten sich von ihren Subunternehmern und Dienstleistern bestätigen lassen, dass diese den Mindestlohn bezahlen. Sie sollten gegebenenfalls detaillierte Kalkulationsunterlagen verlangen und prüfen, ob die angebotenen Preise bei Einhaltung der Mindestlohnvorschriften plausibel sind.

Insbesondere durch die Aufzeichnungspflicht der Arbeitszeiten werden die Mindestlohnregeln und auch sonstige steuerliche Sachverhalte sehr einfach überprüfbar für den Zoll und die Steuerbehörden sein. Es wird deshalb empfohlen, beginnend ab dem 01.01.2015 die Aufzeichnungspflichten detailliert einzuhalten und anhand der Aufzeichnungen die Mindestlohnhöhe laufend zu kontrollieren.

Für Einzelfragen stehen Ihnen unsere Lohnsachbearbeiter/innen im Einzelnen zur Verfügung. Bitte rufen Sie uns an.

Tim-Felix Heinze
Rechtsanwalt
Steuerberater
Vereidigter Buchprüfer

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