Reform der Erbschaftsteuer

Das neue Unternehmenserbschaftsteuerrecht

Der Bundestag hat am 29.09.2016 das Gesetz zur Anpassung des Erbschaftsteuer- und Schen-kungsteuergesetzes an die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts beschlossen. Der Bundesrat hat am 14.10.2016 der Reform der Erbschaftsteuer zugestimmt.

Die wichtigsten Änderungen sind:

• Verschonungsregel bei großem Betriebsvermögen

Beim Erwerb von betrieblichen Vermögen mit einem Wert des begünstigten Vermögens von über € 26,0 Mio. gibt es ein Wahlrecht zwischen einer Verschonungsbedarfsprüfung oder ei-nem abschmelzenden Verschonungsabschlag. Für die Prüfschwelle werden alle Erwerbe be-günstigten Vermögens von derselben Person innerhalb von zehn Jahren zusammengerech-net.

Bei der Verschonungsbedarfsprüfung muss der Erwerber nachweisen, dass das verfügbare Vermögen zur Steuerbegleichung nicht ausreicht. Zum verfügbaren Vermögen gehören 50 % des (mit-)erworbenen nichtbegünstigten Vermögens und 50 % des beim Erwerber bereits vorhandenen nichtbegünstigten (Privat-)Vermögens. Soweit dieses Vermögen nicht ausreicht, um die Steuer zu beleichen, wird der überschießende Teil der Steuer erlassen.

Beim Abschmelzmodell wird der Verschonungssatz von 85 % (Regelverschonung) bzw. 100 % (Optionsverschonung) abgeschmolzen um 1 % je volle € 750.000,00, die der Er-werbswert über der Schwelle von € 26,0 Mio. liegt. Die Abschmelzung erfolgt bis zu einem Erwerbswert von € 89,75 Mio. bei der Regelverschonung bzw. € 90 Mio. bei der Optionsver-schonung. Wird dieser Wert überschritten, beträgt der Verschonungsabschlag 0 %.

• Sonderbegünstigung von Familienunternehmen

Wenn gesellschaftsvertragliche oder satzungsmäßige Ausschüttungs- und Entnahmerestrikti-onen, Verfügungsbeschränkungen und Abfindungsregelungen bestehen, gibt es eine beson-dere Steuerbefreiung.

Die Entnahme oder Ausschüttung muss auf höchstens 37,5 % des um die auf den Gewinnan-teil oder die Ausschüttungen entfallenden Steuern vom Einkommen gekürzten Betrages des steuerrechtlichen Gewinns beschränkt sein.

Zusätzlich muss sich die Verfügungsmöglichkeit über die Beteiligung an der Personengesell-schaft oder den Anteil an der Kapitalgesellschaft auf Mitgesellschafter, auf Angehörige oder auf eine Familienstiftung beschränken

und

für den Fall des Ausscheidens aus der Gesellschaft eine Abfindung vorgesehen sein, die un-ter dem Verkehrswert der Beteiligung an der Personengesellschaft oder des Anteils an der Kapitalgesellschaft liegt.

Die Höhe des Abschlags entspricht der im Gesellschaftsvertrag oder der Satzung vorgesehe-nen prozentualen Minderung der Abfindung gegenüber dem gemeinen Wert und darf 30 % nicht übersteigen.

Die Verfügungsbeschränkungen müssen zwei Jahre vor und 20 Jahre nach dem Tod des Erblassers bzw. dem Schenkungszeitpunkt vorliegen.

• Begünstigtes Vermögen

Es wird nur noch das begünstigte Vermögen von der Steuer verschont, nicht aber das Ver-waltungsvermögen. Zum Verwaltungsvermögen gehören nunmehr auch Briefmarkensamm-lungen, Oldtimer, Jachten, Segelflugzeuge sowie sonstige typischerweise der privaten Le-bensführung dienenden Gegenstände.

Verwaltungsvermögen wird bis zu einem Anteil von 10 % des Betriebsvermögens wie be-günstigtes Vermögen behandelt.

Einschränkungen gibt es bei der Begünstigung von Finanzmitteln. Die Netto-Finanzmittel sind nur noch bis zu 15 % des Unternehmenswerts begünstigt. Darüber hinausgehende Finanzmit-tel werden in die Ermittlung des schädlichen Verwaltungsvermögens einbezogen.

Weitere Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der vollständigen Steuerbefreiung (Opti-onsverschonung) ist, dass das nicht begünstigte Verwaltungsvermögen nicht mehr als 20 % des gemeinen Werts des Betriebes ausmachen darf.

• Lohnsummenregelung

Bei der Regelverschonung muss der Betrieb mindestens fünf Jahre fortgeführt werden. Bei mehr als 15 Beschäftigten muss nachgewiesen werden, dass die Lohnsumme innerhalb von fünf Jahren nach dem Erwerb insgesamt 400 % der Ausgangslohnsumme nicht unterschrei-tet.

Bei der Optionsverschonung beträgt die Behaltensfrist sieben Jahre und in diesem Zeitraum darf die Mindestlohnsumme von 700 % nicht unterschritten werden.

Betriebe mit sechs bis zehn Beschäftigten dürfen bei der Regelverschonung eine Lohnsum-me von 250 % der Ausgangslohnsumme innerhalb des Fünf-Jahres-Zeitraums nicht unter-schreiten. Bei der Optionsverschonung beträgt die Lohnsumme 500 % innerhalb von sieben Jahren. Für Betriebe mit elf bis 15 Beschäftigten gelten entsprechend die Mindestlohnsum-men von 300 % und 565 %.

Von der Lohnsummenregelung ausgenommen sind Betriebe mit nicht mehr als fünf Beschäf-tigten.

Beschäftigte in Mutterschutz oder Elternzeit, Azubis, Saisonarbeiter und Langzeiterkrankte werden nicht mitgerechnet.

• Stundungsmöglichkeit

Die Stundungsregelungen bei Erwerben von Todes wegen, also nicht bei Schenkungen, wur-den erweitert. Der Teil der Erbschaftsteuer, der auf das begünstigte Betriebsvermögen ent-fällt, wird auf Antrag bis zu sieben Jahre gestundet. Im ersten Jahr erfolgt die Stundung zins-los. Die weiteren Jahresbeträge sind zu verzinsen. Lohnsummenregelung und Behaltensfrist müssen eingehalten worden sein.

• Unternehmensbewertung

Beim vereinfachten Ertragswertverfahren wurde der Faktor für das laufende Jahr und die fol-genden Jahre auf 13,75 festgeschrieben. Der Faktor wird aber zukünftig wieder an die Ent-wicklung der Zinsstrukturdaten angepasst.

• Inkrafttreten

Die Neuregelungen treten rückwirkend zum 01.07.2016 in Kraft. Die Änderung beim Kapitali-sierungsfaktor für die Unternehmensbewertung gilt für Bewertungsstichtage ab dem 01.01.2016.

Fazit:

Die Reform der Unternehmenserbschaftsteuer löst Handlungsbedarf für Familienunternehmen aus. Unternehmen mit mehr als fünf Beschäftigten müssen zukünftig - abhängig von der Be-schäftigtenzahl - eine der Höhe nach gestaffelte Mindestlohnsumme erfüllen.

Verwaltungsvermögen von mehr als 10 % ist nicht mehr begünstigt. Es muss gesenkt werden. Junges Verwaltungsvermögen und junge Finanzmittel müssen vermieden werden. Wenn die Verwaltungsvermögensquote mehr als 20 % beträgt, gibt es nur noch die Regelverschonung von 85 %. Die Vollverschonung von 100 % ist ausgeschlossen.

Großunternehmer müssen zur Vermeidung erhöhter Steuerbelastungen möglichst kurzfristig eine Steuerplanung vornehmen. Das Thema Nachfolgeplanung bekommt noch größeres Ge-wicht.

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