Quick Fixes – Sofortmaßnahmen in der Umsatzsteuer
Am 4. Dezember 2018 beschloss der ECOFIN (Rat der Wirtschafts- und Finanzminister) die Einführung der sog. „Quick Fixes“ ab dem 01.01.2020. Dabei handelt es sich um kurzfristige Maßnahmen der EU-Kommission, welche den innergemeinschaftlichen Warenhandel in der EU erleichtern und harmonisieren sollen. Die nachfolgend genannten Vorschriften werden nun erstmals EU-weit einheitlich geregelt.
So führte bisher die grenzüberschreitende Bestückung eines Konsignationslagers grundsätzlich zu einem innergemeinschaftlichen Verbringen bzw. einem innergemeinschaftlichen Erwerb, mit der Folge, dass die Umsatzsteuer auf eine Ersatzbemessungsgrundlage abzuführen war. Durch die Quick Fixes ist diese steuerliche Behandlung teilweise hinfällig geworden:
Wenn ein Verkäufer Gegenstände in ein Lager verbringt, das einem ihm bekannten Erwerber in einem anderen Mitgliedstaat zur Verfügung steht (sog. Call-off-Stocks), so handelt es sich um ein nicht steuerbares Verbringen. Diese Vereinfachungsregelung für Konsignationslager kann angewendet werden, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind:
- Die Ware wird in ein Konsignationslager in einem anderen Mitgliedstaat verbracht und wird anschließend an einen anderen Unternehmer geliefert.
- Der Lieferant hat im Bestimmungsland (das Land in dem das Konsignationslager liegt) weder den Sitz seiner wirtschaftlichen Tätigkeit noch eine feste Niederlassung.
- Der Abnehmer verwendet gegenüber dem Lieferanten seine USt-IdNr. aus dem Bestimmungsland (das Land in dem das Konsignationslager liegt).
- Der Lieferant trägt das Verbringen in ein vorgesehenes Register ein und erfasst den Sachverhalt in seiner Zusammenfassenden Meldung.
- Die Ware muss spätestens nach Ablauf von zwölf Monaten nach der Lieferung in das Lager wieder entnommen werden.
Im Zeitpunkt der Warenentnahme aus dem Lager erfolgt dann die innergemeinschaftliche Lieferung bzw. der innergemeinschaftliche Erwerb und die Umsatzsteuer ist auf den Kaufpreis abzuführen.
Bei dieser Neuregelung ist zu beachten, dass es auch weiterhin bestimmte Ausnahmen gibt, bei denen der Sachverhalt anders zu behandeln ist.
Um mehr Rechtssicherheit bei der steuerlichen Behandlung von Reihengeschäften zu schaffen, wurden auch hier Änderungen in die Mehrwertsteuersystemrichtlinie aufgenommen. Ein Reihengeschäft liegt vor, wenn ein Gegenstand in der Kette mit mindestens 3 Beteiligten geliefert wird und dabei unmittelbar vom ersten Lieferanten zum letzten Erwerber transportiert wird. Um beispielsweise von Steuerbefreiungen Gebrauch zu machen, ist beim Reihengeschäft auf die sog. „bewegte Lieferung“ abzustellen. Für Reihengeschäfte, bei denen der mittlere Unternehmer (Zwischenhändler) die Gegenstände befördert oder versendet, werden einheitliche Regelungen für die Zuordnung der bewegten Lieferung eingeführt. Die Lieferung des ersten Unternehmers an den mittleren Unternehmer ist grundsätzlich die bewegte Lieferung. Von diesem Grundsatz abweichend, wird die bewegte Lieferung der Lieferung des mittleren Unternehmers zugeschrieben, wenn dieser dem ersten Unternehmer die USt-IdNr. des Mitgliedstaats mitgeteilt hat, aus dem die Gegenstände versandt oder befördert werden.
Bisher ist die Angabe der ausländischen USt-IdNr. des Abnehmers eine formelle Voraussetzung für die Inanspruchnahme der Steuerbefreiung von innergemeinschaftlichen Lieferungen. Unter bestimmten Voraussetzungen konnte aber bislang auch dann von einer steuerfreien innergemeinschaftlichen Lieferung ausgegangen werden, wenn keine bestätigte ausländische USt-IdNr. vorliegt.
Mit der Einführung der Quick Fixes wird die Vorschrift zur Steuerbefreiung für innergemeinschaftliche Lieferungen verschärft. Innergemeinschaftliche Lieferungen sind künftig nur dann steuerfrei, wenn der Erwerber in einem anderen EU-Mitgliedstaat umsatzsteuerlich registriert ist als dem, wo der Transport beginnt. Des Weiteren muss die Lieferung mit den korrekten Angaben in der Zusammenfassenden Meldung erfasst sein. Künftig ist die USt-IdNr. somit zwingende Voraussetzung für die Steuerbefreiung.
Ferner werden nun als Belegnachweis einer innergemeinschaftlichen Lieferung grundsätzlich mindestens zwei einander nicht widersprechende Nachweise (vom Verkäufer und vom Erwerber) verlangt. Als Nachweis zählt beispielsweise ein unterzeichneter CMR-Frachtbrief, ein Konnossement, eine Luftfracht-Rechnung, eine Rechnung des Spediteurs oder eine Quittung vom Lagerinhaber des Abnehmers, durch den die Lagerung der Gegenstände bestätigt wird. Für den Fall, dass der Abnehmer die Gegenstände abholt, muss dem Lieferanten die schriftliche Erklärung des Erwerbers (Gelangensbestätigung) spätestens am zehnten Tag des auf die Lieferung folgenden Monats vorliegen.
Die neuen Vorschriften gelten ab 01.01.2020, bis ein neues Mehrwertsteuersystem eingeführt wird. Die Beratungen über ein endgültiges Mehrwertsteuersystem dauern derzeit weiter an.