Umsatzsteuerliche Behandlung von Aufsichtsratsvergütungen

Seit Jahrzehnten wurde in Deutschland die Erbringung von Kontrollleistungen als Aufsichtsratsmitglied als umsatzsteuerpflichtige Leistung beurteilt. Im Anschluss an eine Entscheidung des EuGH (EuGH v. 13.6.2019 - Rs. C-420/18 „IO“), das die Unternehmereigenschaft von Aufsichtsratsmitgliedern verneint, hat auch der BFH im November 2019 (BFH Urteil v. 27.11.2019 - V R 23/19 ) seine Ansicht teilweise geändert.

Der EuGH entschied im Fall einer niederländischen Stiftung. Der Kläger wurde Mitglied des Aufsichtsrats und erhielt hierfür eine jährliche Vergütung. Der Kläger war der Auffassung, dass die Aufsichtsratsvergütung nicht der Umsatzsteuer unterliegt.

Der EuGH stimmte dem zu. Zur Urteilsbegründung führte der EuGH an, dass nach Auslegung des Art. 9 MwStSystRL für die selbständige Ausübung der wirtschaftlichen Tätigkeit entscheidend ist, ob die Tätigkeit in einem Unterordnungsverhältnis ausgeübt wird. Es sei zu prüfen, ob die Tätigkeit im eigenen Namen, auf eigene Rechnung und in eigener Verantwortung ausgeübt wird. Das Mitglied eines Aufsichtsrats handele jedoch für Rechnung und Verantwortung des Aufsichtsrats und nicht in eigenem Namen. Auch würde kein Arbeitsverhältnis vorliegen, da ein Aufsichtsrat die Geschäftsführung überwacht und die Aufsichtsratstätigkeit somit nicht mit einem weisungsabhängigen Arbeitsverhältnis vereinbar ist. Ferner bestehe im Falle einer vereinbarten Festvergütung kein Vergütungsrisiko. Darüber hinaus auch kein Haftungsrisiko.

In einem ähnlich gelagerten Fall schloss sich der BFH der Auffassung des EuGH an. Nach (geänderter) Ansicht des BFH ist ein Aufsichtsratsmitglied mit jährlicher Festvergütung nicht als Unternehmer im umsatzsteuerlichen Sinne zu qualifizieren. Die von ihm im Rahmen seiner Aufsichtsratstätigkeit erbrachten Leistungen sind nicht steuerbar.

Zu berücksichtigen ist, dass der BFH zunächst nur zu einem Aufsichtsrat mit Festvergütung Stellung genommen hat. Offen bleibt insbesondere, ob die Tätigkeit eines Aufsichtsratsmitglieds mit variabler Vergütung weiterhin als unternehmerisch ausgeübt angesehen wird und somit der Umsatzsteuerpflicht unterliegt. Wird insoweit unzutreffend mit Umsatzsteuer abgerechnet, besteht für das Aufsichtsratsmitglied die Gefahr eines unberechtigten Steuerausweises gem. § 14c UStG.

Abzuwarten bleibt, wie die Finanzverwaltung das Urteil im Hinblick auf die Frage der Rückwirkung des Urteils und des Vertrauensschutzes anwenden wird.

Steuerpflichtige, die Aufsichtsratsmandate wahrnehmen, sollten die weiteren Entwicklungen in diesem Zusammenhang unbedingt im Auge behalten.

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