Erstattungszinsen bei sachlicher Unbilligkeit steuerfrei

Aufgrund des Steuerentlastungsgesetzes 1999/2000/2002 vom 24.03.1999 können seit dem Veranlagungszeitraum 1999 Nachzahlungszinsen auf Steuernachzahlungen gemäß § 233a AO nicht mehr steuermindernd berücksichtigt werden. Erstattungszinsen hingegen führen gemäß § 233a AO zu Einkünften aus Kapitalvermögen (§ 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG) bzw. in Verbindung mit § 20 Abs. 8 EStG zu Einkünften anderer Art. Nach Auffassung des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) ist diese unterschiedliche steuerliche Behandlung eine bewusste gesetzgeberische Entscheidung und stellt grundsätzlich keine sachliche Unbilligkeit dar.

Nur in Einzelfällen erkennt das BMF eine sachliche Unbilligkeit an. Gemäß BMF-Schreiben vom 16.03.2021 (Neufassung des BMF-Schreibens vom 05.10.2000: BStBl I S. 1508) liegt eine solche vor, wenn die Steuernachzahlung und die Steuererstattung auf ein und demselben Ereignis beruhen.

Um eine unbillige Härte in diesen Fällen zu vermeiden, wurde nun entschieden, dass auf Antrag Erstattungszinsen i.S.d. § 233a AO nach § 163 AO nicht in die Steuerbemessungsgrundlage einzubeziehen sind, soweit diesen Zinsen nichtabziehbare Nachzahlungszinsen gegenüberstehen. Der Antrag ist beim örtlich zuständigen Finanzamt für die Personensteuer zu stellen.

Als Ereignis ist hierbei der einzelne Vorgang anzusehen, der Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis im engen zeitlichen und sachlichen Zusammenhang erhöht oder vermindert.

Zur Verdeutlichung werden im BMF-Schreiben Beispiele genannt. So soll unter anderem im folgenden Fall eine sachliche Unbilligkeit anzunehmen sein. Wird im Rahmen einer Betriebsprüfung eines Einzelunternehmers der Warenbestand erhöht, wird auch der Gewinn erhöht. Dies führt zu einer Einkommensteuernachzahlung und somit auch zu Nachzahlungszinsen, die nicht steuermindernd berücksichtigt werden können. Im Folgejahr ergibt sich aufgrund der Verringerung des Warenbestandes eine Steuererstattung. Es fallen grundsätzlich steuerpflichtige Erstattungszinsen an. Wegen des kürzeren Zinslaufes im zweiten Jahr sind die Erstattungszinsen geringer als die Nachzahlungszinsen. Die Steuernachzahlung und die Steuererstattung beruhen beruhen auf ein und demselben Ereignis. Der Steuerpflichtige kann einen Antrag beim Finanzamt stellen, dass die Erstattungszinsen nicht der Besteuerung unterliegen.

Wird hingegen z. B. bei einem Einzelunternehmer im Rahmen einer Betriebsprüfung in einem Jahr der Gewinn erhöht und in einem anderen Jahr der Gewinn durch einen anderen Sachverhalt gemindert, führt dies ebenfalls zu nichtabziehbaren Nachzahlungszinsen im einen und zu steuerpflichtigen Erstattungszinsen im anderen Jahr. Allerdings kann in diesem Fall laut BMF keine sachliche Unbilligkeit angenommen werden, da zwei unterschiedliche Ereignisse vorliegen.

Somit sollten Betroffene bei Vorliegen von steuerpflichtigen Erstattungszinsen immer prüfen, ob diesen Erstattungszinsen nichtabziehbare Nachzahlungszinsen gegenüberstehen, die auf ein und demselben Ereignis beruhen. In diesem Fall ist ratsam, beim zuständigen Finanzamt den Antrag zu stellen, dass die Erstattungszinsen aus Gründen sachlicher Härte nicht in die Steuerbemessungsgrundlage einzubeziehen sind.

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