Neuregelung der Vollverzinsung für Steuererstattungen und Steuernachzahlungen ("Zinsanpassungsgesetz") ab 01.01.2019

Das Bundesverfassungsgericht hatte mit Beschlüssen vom 18. August 2021 die Verzinsung von Steuernachzahlungen und Steuererstattungen in Höhe von monatlich 0,5 % (6 % p.a.) ab dem Jahr 2014 für verfassungswidrig erklärt. Eine Anpassung des Zinssatzes war jedoch aus Sicht der Verfassungsrichter erst ab dem 01.01.2019 geboten.

Ein entsprechendes Änderungsgesetz wurde vom Bundestag im März 2022 auf den Weg gebracht und nun am 08.07.2022 vom Bundesrat verabschiedet. Die Unterzeichnung durch den Bundespräsidenten steht aus; das Gesetz soll aber noch im Juli 2022 in Kraft treten.

Hiernach wird der Zinssatz für Steuernachforderungen und -erstattungen für Verzinsungszeiträume ab dem 01.01.2019 rückwirkend auf 0,15 % pro Monat (1,8 % p.a.) gesenkt. Die Angemessenheit dieses Zinssatzes wird künftig wenigstens alle drei Jahre überprüft, erstmalig spätestens zum 01.01.2026, und ist abhängig von der Entwicklung des Basiszinssatzes nach § 247 BGB.

Die Vollverzinsung mit 0,15 % pro Monat gilt für alle zukünftig zu erlassenden Bescheide nach Datum der Verkündung des Gesetzes im Bundesgesetzblatt. Für bereits ergangene Bescheide findet das Gesetz Anwendung, soweit der betreffende Bescheid entweder unter dem Vorbehalt der Nachprüfung nach § 164 AO steht oder nach § 165 Abs. 1 Satz 2 AO teilweise vorläufig ergangen bzw. ein anderes Verfahren (z.B. Einspruch) anhängig ist. Sollte eine rückwirkende Neuberechnung der Zinsen erfolgen, wird dem Vertrauensschutz (§ 176 Abs. 1 Nr. 1 AO) Rechnung getragen.

Das Zinsanpassungsgesetz verankert zudem nun in § 238 Abs. 8 AO n.F. die bisher nur durch Verwaltungsanweisung kodifizierte Regelung, dass bei vor Fälligkeit geleisteten Zahlungen (freiwillige Vorauszahlungen) auf die Steuerschuld Nachzahlungszinsen nicht erhoben werden, wenn diese Vorauszahlungen von der Finanzbehörde angenommen und auf die festgesetzte und zu entrichtende Steuer angerechnet wurden. Dies ist zu begrüßen, da somit künftig von dieser Regelung auch die Gewerbesteuer betroffen ist.

Jeder Steuerpflichtige sollte prüfen, ob er von dem Zinsanpassungsgesetz profitiert. Ggf. sind die hierfür notwendigen Verfahrensschritte einzuleiten.

 

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