Entlastung der Betriebsrentner bei der gesetzlichen Krankenversicherung

Mit dem Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung vom 14.11.2003 wurde im Beitragsrecht der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) u.a. geregelt, dass vom 01.01.2004 an für Versorgungsbezüge der volle allgemeine Beitragssatz gilt und Versorgungsbezüge, die als Kapitalleistungen gezahlt werden, der Beitragspflicht unabhängig davon unterliegen, ob entsprechende Verträge bereits vor dem 01.01.2004 abgeschlossen wurden oder die Leistungen als lebenslange Rentenzahlung oder in Form einer einmaligen Kapitalzahlung abgerufen wurden. Für Betroffene bedeutet dies eine zum Teil erhebliche finanzielle Belastung im Alter. Zudem ist die Regelung seit Jahren ein starker Hemmschuh bei den Bemühungen um eine stärkere Etablierung der betrieblichen Altersversorgung (bAV).

Zu Beginn des Jahres 2020 ist nun das Gesetz über die Einführung eines Freibetrages in der gesetzlichen Krankenversicherung zur Förderung der betrieblichen Altersvorsorge (GKV-Betriebsrentenfreibetragsgesetz – GKV-BRG vom 21.12.2019) in Kraft getreten und bringt eine kleine Erleichterung.

Zwar wurde an der grundsätzlichen Einbeziehung bestimmter Einnahmen in die Beitragspflicht auch durch das GKV-BRG nichts geändert. Ebenfalls bleibt es bei der Prüfung der Bagatellgrenze dabei, dass Versorgungsbezüge und Arbeitseinkommen zusammengerechnet werden müssen.

Welche Einnahmen als Versorgungsbezüge der Beitragspflicht unterworfen werden, ist in § 229 SGB V geregelt. Jedoch ist zukünftig zwischen dem Oberbegriff „Versorgungsbezüge“ und dem Unterpunkt  „Renten der betrieblichen Altersvorsorge (bAV)“ zu differenzieren, da die Renten der betrieblichen Altersvorsorge durch das GKV-BRG begünstigt werden.

Die bis zum 31.12.2019 geltende Rechtslage sah eine Beitragsfreigrenze für Versorgungsbezüge von versicherungspflichtigen Mitgliedern der GKV vor. Sobald die Einnahmen die Freigrenze überschritten, waren sie in vollem Umfang beitragspflichtig. Die Freigrenze i.H. von 1/20 der monatlichen Bezugsgröße wird jährlich in etwa an die durchschnittliche Einkommensentwicklung angepasst. Sie betrug im Jahr 2019 Euro 155,75; im Jahr 2020 sind es Euro 159,25.

Zum 01.01.2020 ist nun zusätzlich ein Freibetrag für die Leistungen der bAV eingeführt worden. Wenn die Summe aus allen Versorgungsbezügen (unabhängig welcher Art) und Arbeitseinkommen aus nebenberuflicher Selbständigkeit die Freigrenze von 1/20 der monatlichen Bezugsgröße (2020: Euro 159,25) übersteigt, wird von den Renten der betrieblichen Altersvorsorge (bAV) ein Freibetrag i.H. von 1/20 der monatlichen Bezugsgröße abgezogen.

 

Beispiel 1: Der in der Krankenversicherung der Rentner (KVdR) pflichtversicherte Rentner R bezieht neben seiner Altersrente eine Betriebsrente i.H. von mtl. Euro 150,00.

Ergebnis: Der Zahlbetrag übersteigt nicht die Freigrenze von 1/20 der monatlichen Bezugsgröße. Eine Beitragspflicht entsteht weder zur Kranken- noch zur Pflegeversicherung. Auch nach der bis zum 31.12.2019 geltenden Rechtslage waren von der Betriebsrente keinerlei Beiträge zu entrichten.

 

Beispiel 2: R bezieht neben seiner Altersrente eine Betriebsrente i.H. von mtl. Euro 200,00.

Ergebnis: Seit dem 01.01.2020 unterliegt die Betriebsrente in der Krankenversicherung nur noch i.H. von (Euro 200,00 - Euro 159,25 =) Euro 40,75 der Beitragspflicht.

 

Der Freibetrag ist aber auf den Zahlbetrag der bAV-Leistung begrenzt. Ist der Freibetrag höher als die bAV-Leistung, kann der restliche Teil des Freibetrags nicht auf andere Einkommensarten übertragen werden.

Bei den begünstigten Leistungen der betrieblichen Altersvorsorge (bAV) nach § 229 Abs.1 Satz 1 Nr.5 SGB V handelt es sich sowohl um die monatlich ausgezahlten Betriebsrenten als auch um die Kapitalauszahlungen (bspw. aus Direktversicherungen), die als fiktiver monatlicher Bezug für zehn Jahre berücksichtigt werden (229 Abs. 1 Satz 3 SGB V).

Das GKV-BRG enthält keinerlei Übergangsregelungen, so dass auch die sog. Bestandsfälle von der Neuregelung profitieren. Klarstellend heißt es im Gesetzentwurf: „Die heutigen Betriebsrentnerinnen und Betriebsrentner werden durch den Gesetzentwurf ebenfalls entlastet. Nicht (mehr) von der Entlastung erfasst werden diejenigen, deren Kapitalzahlung zum Zeitpunkt der Auszahlung auf einen fiktiven Zehnjahreszeitraum verteilt wurde und bei denen dieser Zeitraum bereits abgelaufen ist.“

Die Freibetragsregelung gilt nur für Pflichtmitglieder. Wie auch bisher werden also bei freiwilligen Mitgliedern der GKV sämtliche Versorgungsbezüge in voller Höhe verbeitragt, auch wenn deren Höhe die bisherige Freigrenze nicht übersteigt. Sie bleiben auch von der Einführung des Freibetrags ausgenommen.

Die Regelungen des GKV-BRG wurden nicht auf die soziale Pflegeversicherung übertragen. Vielmehr bleibt es hier weiterhin bei der bisher bereits geregelten Beitragsfreigrenzen-Regelung. Es handelt sich um ein ganz bewusstes Vorgehen, keineswegs um ein gesetzgeberisches Versehen.

Aufgrund des sehr kurzfristigen Inkrafttretens des GKV-BRG wird es erst im Verlaufe des Jahres zu den erforderlichen Umstellungen und entsprechenden Rückrechnungen kommen. Ansprüche können aber nicht verloren gehen. Es steht außer Frage, dass die zu viel gezahlten Beiträge möglichst zeitnah und vollständig zurückgerechnet werden. Dabei gilt die Devise „Gründlichkeit und Genauigkeit vor Schnelligkeit“.

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