Rückwirkende Rechnungsberichtigung

Das Bundesministerium für Finanzen (BMF) hat sich zur Frage der rückwirkenden Rechnungsberichtigung mit einem Schreiben geäußert. Nachdem sowohl der Europäische Gerichtshof als auch der Bundesfinanzhof die rückwirkende Rechnungsberichtigung unter bestimmten Voraussetzungen für möglich angesehen hatten, setzt die Finanzverwaltung diese Rechtsprechung jetzt weitestgehend um und gibt für die Praxis noch weitere Hinweise zu den Rechnungsbestandteilen.

Unternehmer haben grundsätzlich einen Vorsteuerabzug.Dafür ist unter anderem grundsätzlich eine ordnungsgemäße Rechnung erforderlich. Eine ordnungsgemäße Rechnung mussfolgende Pflichtangaben enthalten:

  1. den vollständigen Namen und die vollständige Anschrift des leistenden Unternehmers und des Leistungsempfängers,
  2. die Steuernummer oder die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer (USt-IdNr.) des leistenden Unternehmers,
  3. das Ausstellungsdatum,
  4. eine Rechnungsnummer (fortlaufend, einmalig vergeben, mit einer oder mehreren Zahlenreihen)
  5. Menge und Art (handelsübliche Bezeichnung) der gelieferten Gegenstände bzw. Umfang und Art der sonstigen Leistung,
  6. Zeitpunkt der Lieferung oder sonstigen Leistung
  7. das Entgelt für die Lieferung oder sonstige Leistung (aufgeschlüsselt nach Steuersätzen und einzelnen Steuerbefreiungen) sowie jede im Voraus vereinbarte Entgeltminderung (z.B. Skonto), sofern sie nicht bereits im Entgelt berücksichtigt ist,
  8. den anzuwendenden Steuersatz sowie den auf das Entgelt entfallenden Steuerbetrag (dieser gesonderte Steuerausweis entfällt in Reverse-Charge-Fällen) oder ggf. den Hinweis auf eine Steuerbefreiung.

Zu beachten ist hierbei, dass an sog. Kleinbetragsrechnungen (bis 250,00 €) deutlich geringere Anforderungen gestellt werden.

Hat ein Unternehmer aufgrund einer vorliegenden Rechnung den Vorsteuerabzug geltend gemacht und stellt sich später in einer Betriebsprüfung oder einer unangekündigten Umsatzsteuer-Nachschau heraus, dass diese Rechnung nicht alle vorgegebenen Rechnungspflichtbestandteile enthält, so wird das Finanzamt den Vorsteuerabzug versagen. Um den Vorsteuerabzug zu „retten“ besteht jedoch unter anderem die Möglichkeit eine berichtigte Rechnung nachzureichen. In den letzten Jahren entbrannte häufig ein Streit darüber, ob die Vorlage einer berichtigten Rechnung Wirkung für die Vergangenheit entfaltet. Nur bei einer Anerkennung der rückwirkenden Rechnungsberichtigung kann eine Zinsfestsetzung vermieden werden.

Auf Basis der Rechtsprechung erkennt die Finanzverwaltung nunmehr die rückwirkende Rechnungsberichtigung an. Voraussetzung hierfür ist allerdings das Vorliegen einer berichtigungsfähigen Erstrechnung. Eine solche Erstrechnung muss mindestens folgende Angaben enthalten, welche im BMF-Schreiben vom 18. September 2020 noch näher erläutert sind:

  1. Angaben zum Rechnungsaussteller,
  2. Angaben zum Leistungsempfänger,
  3. eine ausreichende Leistungsbeschreibung,
  4. das Entgelt (= Nettobetrag) und
  5. die gesondert ausgewiesene Umsatzsteuer.

Dabei dürfen die Angaben nicht in einem so hohen Maße unbestimmt, unvollständig oder offensichtlich unzutreffend sein, dass sie fehlenden Angaben gleichstehen.

Des Weiteren erfordert eine Rechnungsberichtigung eine spezifische und eindeutige Bezugnahme auf die ursprüngliche Rechnung.

Eine Berichtigung kann auch dadurch erfolgen, dass der Rechnungsaussteller die ursprüngliche Rechnung storniert und eine Neuausstellung der Rechnung vornimmt.

Das BMF-Schreiben geht noch auf eine Reihe weiterer Punkte hinsichtlich der rückwirkenden Rechnungsberichtigung ein:

  • Ein Vorsteuerabzug gänzlich ohne Rechnung ist nicht möglich. Der Fall einer fehlenden Rechnung (dann ist kein Vorsteuerabzug möglich) ist somit von dem Fall einer fehlerhaft erteilten Rechnung abzugrenzen.
  • Ein bisher in einem Dokument fälschlicherweise nicht ausgewiesener Steuerbetrag kann nicht mit Rückwirkung berichtigt werden.
  • Ein unzutreffend in einer Rechnung zu niedrig ausgewiesener Steuerbetrag kann nicht mit Rückwirkung berichtigt werden.

Das BMFweist zudem darauf hin, dass es sich bei der Rechnungsberichtigung nicht um ein rückwirkendes Ereignis handelt. Demnach können Zeiträume, für die bereits Festsetzungsverjährung eingetreten ist, nicht aufgrund einer rückwirkenden Rechnungsberichtigung geändert werden. Es kann somit zu einem endgültigen Verlust des Vorsteuerabzugs kommen. Dies soll nach dem aktuellen Entwurf des Jahressteuergesetzes 2020 auch gesetzlich verankert werden.

Weiterhin ist zu beachten, dass die rückwirkende Rechnungsberichtigung kein Wahlrecht darstellt und es können sich für den Unternehmer auch nachteilige Ergebnisse ergeben.

Für bis zum 31. Dezember 2020 ausgestellte Rechnungsberichtigungen, die nach diesen Grundsätzen Rückwirkung entfalten, wird nicht beanstandet, wenn der Vorsteuerabzug erst im Voranmeldezeitraum des Zugangs der berichtigten Rechnung geltend gemacht wird.

Letztendlich lässt sich festhalten, dass die Rechnungseingangsprüfung weiterhin unverzichtbar bleibt und wegen des Risikos des Verlustes des Rechts auf Vorsteuerabzug noch eher an Bedeutung gewinnt.

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