Erbschaftsteuerliche Begünstigung des Unternehmensvermögens auf dem Prüfstand

Seit der Erbschaftsteuerreform 2009 wird Unternehmensvermögen bei der Erbschaft-/Schenkungsteuer deutlich günstiger als privates Vermögen behandelt.

Zum begünstigten Unternehmensvermögen gehören u. a. Mitunternehmeranteile an einer GbR, einer OHG oder einer KG, auch an einer Gütergemeinschaft, einer Erbengemeinschaft oder einer atypischen Gesellschaft, Betriebe und Teilbetriebe, wenn sie Einkünfte aus Gewerbebetrieb, selbständiger Arbeit oder Land- und Forstwirtschaft erzielen, sowie auch GmbH-Anteile, wenn der Erblasser oder Schenker am Nennkapital dieser Gesellschaft unmittelbar zu mehr als 25 % beteiligt war.

Zum privaten Vermögen gehören z. B. vermietete Immobilien, Wertpapiere, sonstiges Kapitalvermögen, Wertgegenstände und Anteile an Kapitalgesellschaften, wenn der Erblasser oder Schenker am Nennkapital dieser Gesellschaft mit 25 % oder weniger beteiligt war.

Nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts im Jahr 2014 wurden die steuerlichen Begünstigungen des Unternehmensvermögens ab Juli 2016 für sogenannte „Großerwerbe“ eingeschränkt. Es bestehen jedoch weiterhin umfangreiche Begünstigungen, die im besten Fall dazu führen, dass Unternehmensvermögen gänzlich steuerfrei übertragen werden kann.

Der Fortbestand dieser Steuerbegünstigungen ist jedoch nicht mehr sicher.

Zurzeit ist eine Verfassungsbeschwerde eines Erben von Privatvermögen (u. a. Wertpapiere) anhängig. Es geht dabei u. a. um die Frage, ob die erbschaftsteuerlichen Begünstigungen mit dem Gleichheitsgrundsatz des Grundgesetzes vereinbar sind oder ob sie die Erben von Privatvermögen im Sinne des Verfassungsrechts benachteiligen. Die Bundesrechts-anwaltskammer hat in einer Stellungnahme an das Bundesverfassungsgericht erhebliche verfassungsrechtliche Zweifel angemeldet. Das Gericht wird über die Verfassungsbeschwerde noch im Jahr 2023 entscheiden.

Vor diesem Hintergrund wird von Seiten der Politik vorgeschlagen, die Ausnahmetatbestände bei der Erbschaftsteuer aus dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung zu verringern. Auf alle Erbschaften soll einheitlich ein Steuersatz von 10 % unter Berücksichtigung von Freibeträgen angewandt werden. Selbst genutztes Wohnungseigentum soll durch hohe Freibeträge geschützt werden. Für Unternehmensvermögen ist eine zinslose Stundung der Erbschaftsteuer auf zehn Jahre vorgesehen. Insgesamt soll die Bemessungsgrundlage für die Erbschaftsteuer verbreitert und ein einheitlich niedriger Steuersatz eingeführt werden.

Die Entscheidungen des Verfassungsgerichts und des Gesetzgebers können nicht vorhergesehen werden. Es kann aber nicht ausgeschlossen werden, dass es zukünftig grundsätzlich zu einer stärkeren Gleichbehandlung von Privat- und Unternehmensvermögen kommt. Insbesondere für begünstigtes, derzeit noch weitgehend steuerfreies Unternehmensvermögen ist davon auszugehen, dass es zu einer Verschlechterung gegenüber der heutigen Rechtslage kommen wird.

Deshalb sollten kurzfristig geplante Unternehmensnachfolgen ohne Verzögerungen umgesetzt werden. Bei mittelfristig geplanten Nachfolgen sollten die weiteren Entwicklungen im Auge behalten und daran gedacht werden, die Übertragung des Betriebsvermögens eventuell vorzuziehen.

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